Prinzip des Kodawari

Kodawari

Das aus Japan stammende Prinzip "Kodawari" ist vergleichbar mit Engagement oder Beharrlichkeit, jedoch können Wörter die wahre Bedeutung nicht fassen. Kodawari kann beschrieben werden mit "Stolz sein auf das was man tut", "Kleine Details wertschätzen" oder auch "Klein anfangen und jeden Schritt bis zur Vollkommenheit ausführen".

Ein entscheidender Aspekt von Kodawari ist, dass Menschen ihre eigenen Ziele weit über das Maß hinaus verfolgen, das aufgrund der Marktkräfte vernünftigerweise zu erwarten wäre. Wer Erfolg haben möchte, muss normalerweise Produkte von vernünftiger Qualität herstellen. Sobald allerdings ein bestimmtes Niveau erreicht ist, wird die mögliche Qualitätssteigerung im Vergleich zum dafür nötigen Aufwand geringer. Das ist wie bei einer Lernkurve: Für Schüler macht es unter normalen Umständen ab einem bestimmten Punkt keinen Sinn mehr, noch weiter zu lernen, weil der mögliche Notenzuwachs gering ist; es ist sinnvoller die eigene Energie in etwas anderes zu investieren. Diese Art von rationalem Denken ist Menschen fremd, die Kodawari haben. "Gut genug" ist ihnen einfach nicht gut genug. Man könnte das sogar "kreative Verrücktheit" nennen. Ab einem bestimmten Punkt könnte ein zufälliger Beobachter den Eindruck gewinnen, dass diese Perfektionssucher übertreiben, dass ihre Anstrengung zu groß wird. Und genau an diesem Punkt passiert etwas Wunderbares: Man erkennt, dass die Qualität, hinter der man her ist, tatsächlich noch eine weitere Dimension hat. Es kommt zu einem Durchbruch, zur Produktion von etwas vollkommen anderem. Mit der Erschaffung einer neuen Art von Produkten entsteht ein ganz neuer Markt, auf dem Menschen bereit sind, Preisaufschläge für Qualitäten zu zahlen, die vorher nicht vorstellbar waren.

Ein Beispiel hierfür ist Luxus-Obst, welches es in bestimmten Läden (z.B. Senbikiya) zu kaufen gibt. Für eine optisch und geschmacklich perfekte Zuckermelone werden in Japan 150 Euro oder für eine Mango 75 Euro bezahlt. Wenn man den über Generationen perfektionierten und aufwendigen Herstellungsprozess betrachtet, ist der Preis auch gerechtfertigt.

Auszüge aus dem Buch "Ikigai" von Ken Mogi